Über die absolute Unmöglichkeit, Die neue Grafschaft Hanau-Münzenberg wirklich begreifen zu können
Erzählrunde 2
Szene I: Star Wars, Episode V
Marquise de Hanau-Münzenberg: kurz nach dieser Begebenheit widerfuhr mir beim ältesten Karussell der Welt ein Erlebnis, das mich bis heute traumatisiert und mein zerstörtes Selbstwertgefühl nie wieder aufblühen lassen wird.
Psychiater: Was ist denn passiert?
Marquise de Hanau-Münzenberg: Seit den von meinen Eltern ab Frühjahr 2015 im Garten unserer früheren Doppelhaushälfte veranstalteten legendären Rokoko-Partys -wir hatten doch damals als Influencer auf You Tube den Kanal noussommesversailles– treffe ich süße blaublütige Typen. Mittlerweile füllen Namen aus halb Europa Alessa Maries zwanzigseitiger Warteliste. Am 14. August 2016 war ein Date im soeben am Neustädter Rathaus frisch eröffneten Kaffeehaus angesagt, also weit vor Papas Thronbesteigung am 30. Oktober 2017 und unserem damit verbundenen Umzug ins Schloss Philippsruhe. Glücklicher Gewinner: Leopold Ludwig, künftiger Graf von Hohen-Greiff und zu Turmdorffenstein. Uraltes Adelsgeschlecht.
Psychiater: Klingt bereits in vielerlei Hinsicht unglaubwürdig. Was zum Beispiel für ein Kaffeehaus, bitte?
Marquise de Hanau-Münzenberg: Brüder Grimm’sches Maison du Café.
Psychiater: Brüder Grimmsch’sches was?
Marquise de Hanau-Münzenberg: Maison du Café.
Psychiater: Nie gehört. In Hanau?
Marquise de Hanau-Münzenberg: Direkt am Neustädter Rathaus, wo die Reunionskammer ihren Sitz hat.
Psychiater: Sagt mit genauso wenig.
Marquise de Hanau-Münzenberg: Ihre Aufgabe besteht darin, sämtliche Gebiete herauszufinden und von Berlin zu beanspruchen, welche irgendwann einmal -selbst wenn nur kurz- Teil der Grafschaft Hanau-Münzenberg…
Psychiater: Wenn Blödsinn, dann lieber Kaffeehaus.
Marquise de Hanau-Münzenberg: Stilechtes Barock-Interieur. Besitzer ist ein von unseren You Tube-Inhalten als erster überzeugt gewesener adlige Anhänger, der Earl of…
Psychiater: Nie von gehört. Bin jetzt aber auch nicht ganz so der Kaffeetrinker.
Marquise de Hanau-Münzenberg: Als exklusiver Treffpunkt für Abonnenten war das Publikum breit gefächert; die Bandbreite reichte von harmlosen nostalgischen Kostüm- und Epochenfans über bedenklich schräge Marie Antoinettes mitsamt Hofdamen bis hin zu Adligen, deren Familien die ab 1789 stattgefundenen Veränderungen niemals akzeptieren werden. Es trieben sich aber auch auffällig viele zwielichtige Gestalten herum. Deren finanzstarken Hintermännern bedeutete das ancien régime zwar herzlich wenig, trotzdem wäre ihnen -aus welchen Gründen auch immer- eine Uhrenumstellung auf vor 1789 äußerst willkommen gewesen. Sicher fragen Sie sich: „Warum WAR das Publikum breit gefächert? Hat der Earl Pleite gemacht?“ Nein, hat er nicht, im Gegenteil, räumliche Erweiterungen stehen an. Wovon ich Ihnen berichte gilt nämlich ausdrücklich für die Zeit vor dem 30. Oktober 2017. Nach Papas Ausrufung zum ersten Graf von Hanau-Münzenberg seit Johann Reinard III., löschte You Tube noch am selben Nachmittag ihm Rahmen eines gegen uns verhängten internationalen Medienbanns noussommesversailles ohne Begründung; wodurch es innerhalb der Klientel zu Verschiebungen kam. Heute, im April 2018, knapp sechs Monate später, frequentieren vornehmlich…EY, SIE SIND JA EINGEPENNT!!!!!
Psychiater: Huch, was…äh…ja…sorry…äh…bin wohl irgendwie eingepennt. Wurde ziemlich spät gestern Abend. Sprich ruhig weiter.
Marquise de Hanau-Münzenberg: Heute, im April 2018, knapp sechs Monate später verkehren vornehmlich Höflinge aus Großbritannien das Kaffeehaus, adlige Anhänger sowohl des Absolutismus als auch der von Ludwig XIV. begründeten französischen Hofkultur; aber auch US-Amerikaner, die mit der britischen Krone sympathisieren und den Unabhängigkeitskrieg als big mistake betrachten. Zur Unterhaltung treten jeden Tag Musiker auf, um Stücke aus dem 17./18. Jahrhundert vorzutragen. Einlass seit Eröffnung ungebrochen ausschließlich in um 1775/1780 von den Ständen in Frankreich getragener Kleidung. Sie als Bürgerlicher in ihrer Jeans und in ihrem Kiss-T-Shirt kämen am Türsteher niemals vorbei.
Psychiater: Verzichte freiwillig aufs exquisite Vergnügen. Aber was hat das alles jetzt mit deiner Romanze zu tun?
Marquise de Hanau-Münzenberg: Um 16.00 Uhr fanden im Kaffeehaus Aufführungen von Francois Couperins Concerts Royaux, Marin Marais‘ Les Folies d’Espagne sowie Padre Antonio Solers Fandago statt. Auf Originalinstrumenten! Rendezvous, was willst du mehr? So bestieg Alessa Marie Marquise de Hanau-Münzenberg, perfekter gestylt als diese bürgerliche Schl*mpe Marie-Jeanne Bécu es jemals hingekriegt hätte, die Kutsche und ließ sich vom Schloss geschwind zum Karussell chauffieren.
Psychiater: Stopp! Endlich! Dieser Widerspruch, Alessa Marie, entlarvt sämtliche deiner historischen Traumgespinste. Es war bloß eine Frage der Zeit. Hiermit endet die Sitzung. Ich begleite la Reine du Carneval noch zur Rezeption.
Marquise de Hanau-Münzenberg: Aber…
Psychiater: Kein aber. Vereinfacht erklärt. Trotz stark ausgeprägter Neigung zum Ausleben närrisch infantiler Kostümfantasien, eine, um mit C. G. Jung zu sprechen, Erscheinungsform der Twixter-Figur, ist dein Realitätssinn weiterhin exzellent ausgeprägt, was wiederum in dir einen schier unlösbaren Konflikt zweier grundverschiedener menschlicher Wesensanteile auslöst, sprich, der unvereinbare, unüberwindbare Gegensatz zwischen Neandertaler sowie Homo Sapiens, weshalb du dich in ein und derselben Aussage selbst widerlegst…
Marquise de Hanau-Münzenberg: Völlig unverständlich, ihr Geschwafel.
Psychiater: …ja, selbst widerlegen musst, denn dein vollkommen gesunder Menschenverstand sieht sich außerstande, diese tiefe Kluft, diese unerträgliche Spannung zwischen alberner, affiger, jeglicher Realitätsgrundlage entbehrender Primitivität des auf den plumpen Neandertaler zurückgehenden Twixter einerseits, reifer, seriöser, verantwortungsvoller, vernunftgemäßer Anerkennung der Wirklichkeit durch den Homo Sapiens andererseits, dauerhaft zu übertünchen.
Marquise de Hanau-Münzenberg: Ähm, geht’s eventuell auch in einfachen Sätzen? Mein Schädel brummt.
Psychiater: Langer Rede, kurzer Sinn. Deine Vernunft erkennt klar die absolut unmögliche Existenz dieses angeblichen Kaffeehauses. Allein schon sein dämliche Name. Brüder Grimm’sches Maison du Café! Daher weicht sie aus auf echte, für Hanauer Mädchen greifbare Orte in unmittelbarer Umgebung. Heißt, jenes lächerliche, am Neustädter Rathaus angesiedelte Fantasiegebilde repräsentiert im soeben skizzierten Anteilskonflikt den bei dir glücklicherweise gebändigten Neandertaler-Anteil, welcher leider Gottes auch nach 1789 weiterhin als nervende Altlast unsere Persönlichkeitsstruktur beeinflusst.
Marquise de Hanau-Münzenberg: Langsamer, langsamer, mein Kopf raucht! Zum Verständnis. Heute in ihrer Praxis trage ich also nur deshalb mode à la Marie Antoinette und spinne wirres Zeug zusammen, weil da so ein Tick, so eine Art Affenanteil aus der Urzeit in mir rummacht?
Psychiater: Gecheckt! Der Twixter in dir, jener trottelige Neandertaler, jener rückständige Tölpel vom Neandertal, will dich lebenslang auf seine erbärmliches Niveau runterziehen; du sollst dumm sein wie die Steinzeitmenschen, dumm wie die Menschheit vor 1789. Diese Figur ist einfach nicht totzukriegen! Diese Figur verwendet zahllose Strategien! Strohfeuern gleichend flammt sie bis heute zeitweilig in der Weltöffentlichkeit auf, lehrt dann den Homo Sapiens-Anteil gehörig Mores, wie uns Karneval, Halloween, jährlich aufs neue in beschämender Weise beweisen.
Marquise de Hanau-Münzenberg: Und in meinem Fall probiert es diese komische Figur sozusagen über arg verfälschte Eigen- sowie Fremdwahrnehmung.
Psychiater: Gottlob, bei dir ist der Twixter an die Falsche geraten; bei dir beißt er auf Granit! Der Widerspruch in deinen Ortsangaben. Gemäß eigener Aussage hattest du eine für Mädels deines Alters äußerst wichtige Verabredung im Kaffeehaus, bist aber stattdessen von daheim flink zum Karussell gedüst. Diese Diskrepanz verkörpert den Sieg der modernen, aufgeklärten Bürgerin in dir. Denn jener Homo Sapiens-Anteil, welcher mit der vor 1789 bestehenden Neandertaler-Ordnung ein für allemal gebrochen hat, weiß, das Kaffeehaus und seine altmodische Kundschaft stellen nicht mehr als Schabernack dar, nicht mehr als vom Twixter ausgeheckte Luftnummern; jener Homo Sapiens-Anteil weiß, am Neustädter Rathaus angekommen hätten sich Leopold Ludwig und Alessa Marie beim vergeblichen Suchen dumm und dämlich gefragt: „Entschuldigen Sie, bitte, ‚Brüder Grimm’sches Maison du Café‘, soll hier irgendwo sein.“ Nun die Bedeutung des Karussells. Überleg, was liegt rational näher als zwei verliebte, ganz normale Teenager in Hanau, die kichernd ein Stelldichein im Staatspark Wilhelmsbad ausmachen, um am Karussell das erste mal richtig zu knutschen?
Marquise de Hanau-Münzenberg: Schrott hoch zehn! Hätten Sie mich eben gefälligst ausreden lassen! Also, wie gesagt, Hanaus neueröffnetes Kaffeehaus erwartete hochgespannt unser dem Earl vorab angekündigtes Zusammensein. Es bestand für mich damals allerdings keine andere Möglichkeit, als auf dem Weg dorthin zuerst das Karussell aufzusuchen!
Psychiater: Und warum?
Marquise de Hanau-Münzenberg: Weil ich bei der Streckenwahl keinesfalls frei war.
Psychiater: Hä?
Marquise de Hanau-Münzenberg: Die vom Karussell ausströmende finstere Kraft zerrt mich ja täglich zu seinen Kutschpferden.
Psychiater: Täglich?
Marquise de Hanau-Münzenberg: Egal, ob ich etwas vorhabe oder nicht, juckt die dunkle Macht null. Während der Sommerzeit bestellt sie mich regelmäßig für Punkt 16.30 Uhr ein. Die begnadeten Künstler traten aber um 16.00 Uhr auf. Daher beschloss ich spontan, ausnahmsweise früher aufzutauchen, in banger Hoffnung, dafür von ihr nicht bestraft zu werden. Und genau das beschrieb ich vorhin mit jenem Satz, den Sie mit großartigem Universitätswissen fälschlicherweise als Selbstwiderspruch interpretieren.
Psychiater: Hm, zweifellos ein extrem vereinnahmender Twixter mit ausgeprägtem Pünktlichkeitsfimmel. Hm, selten, sehr, sehr, selten. Aber jetzt nur mal so, rein hypothetisch. Angenommen, du wärst gar nicht erst im Staatspark aufgekreuzt…ich meine…in gediegener Kaffeehaus-Atmosphäre adlige Jungs näher kennenlernen…sich bei Solers Fandango gegenseitig feurige Blicke zuwerfen…all das besitzt eindeutig Vorrang.
Marquise de Hanau-Münzenberg: In dem Fall hätte mich Schwarze Magie mittendrin gnadenlos am Dekolleté gepackt und direkt vor Leopold Ludwigs peinlich berührten Augen unter Publikums-gelächter zappelnd aus dem Brüder Grimm’schen Maison du Café rausgeschleift. Quelle honte! Leopold Ludwigs Ehre, ruiniert bis in alle Ewigkeit!
Psychiater: Bestechende Logik.
Marquise de Hanau-Münzenberg: Früher als gewöhnlich erscheinen bedeutet, ich verabschiede mich folglich auch früher, rattere in der Kutsche davon, um vor dem romantischen Beisammensein meine mir auferlegten Pflichten als Eremiten-anwerberin zu erfüllen. Nun jedoch trugen sich am Bahnübergang äußerst seltsame Dinge zu; die Schienen lagen vielleicht noch zwanzig Meter entfernt, da verordneten rot aufleuchtende Warnlampen und heruntergehende Schranken den Verkehrs-teilnehmern eine Zwangspause. Perfekter gestylt als diese bürgerliche Schl*mpe Jeanne-Marie Bécu es jemals hingekriegt hätte, entstieg Alessa Marie Marquise de Hanau-Münzenberg plakatbewaffnet ihrem Gefährt, die Trillerpfeife einsatzbereit um den Hals gehängt.
Psychiater: Niedergehende Schranken sind aber in Wilhelmsbad nichts Ungewöhnliches, sondern zentraler Bestandteil moderner Bahnsicherungstechnik; damit dort niemand Gefahren ausgesetzt wird. Wie sagt Fräulein Petronelli immer: „Warten ist niemals sinnlos, mein Kind!“
Marquise de de Hanau-Münzenberg: Sie haben freilich Recht. Unerklärlicherweise blieben jedoch alle vier wie von Zauberhand niedergedrückt hartnäckig unten. Ein langer schwerer Güterzug in Richtung Hauptbahnhof näherte sich.

Ich spürte intuitiv: The Empire Strikes Back.
Kurz darauf eine zweiter – ebenfalls von Frankfurt herkommend.

Ich spürte intuitiv: The Empire Strike Back.
Psychiater: Madame la Marquise möchte damit kundtun, Die dunkle Seite der Macht übte an ihr Vergeltung, weil sie Kaffeehaus-Flirts eindeutig priorisierte, folglich aus eigenmächtigem Antrieb heraus bereits weit vor 16.30 Uhr auftauchte, und damit minutiös festgelegte Regularien selbstherrlich ignorierte?
Marquise de Hanau-Münzenberg: Dark Force Rising. Wie konnte ich nur so leichtsinnig sein!
Psychiater: Tja, von Karussell-Hexen im Staatspark bis zu finsteren Gewalten in fernen Galaxien ist’s lediglich ein Katzensprung.
Marquise de Hanau-Münzenberg: Darth Vaders Festung auf Coruscant.
Psychiater: Die Katze ist aus dem Sack. Hollywood! Klar, was sonst! Wieso nicht gleich drauf getippt? Alessa Marie, ernsthaft. Glaubst du wirklich, bepinselte Holzpferde mit Namenschildern kümmert’s, ob du früher, später oder gar nicht aufschlägst? Wilhelmsbads Karussellpferde sind auf dem Boden fest montierte seelenlose Maschinen. Was meinst du wohl, ist der wahre Grund, warum das Fahrgeschäft seit 2016 wieder in Betrieb ist? Ha, um auf Festen skrupellos Familien zu schröpfen! Drehrunden kosten bekanntlich Geld! Und was lieben Kinder?
Marquise de Hanau-Münzenberg: Drehrunden?
Psychiater: Clever kalkuliert. Abzocke!!!!! Unverschämtheit!!!!! Allgemeines Kulturgut gehört frei zugänglich!!!!!
Marquise de Hanau-Münzenberg: Eigentlich waren wir ja bei Darth Vader stehengeblieben und der dunklen Macht, die er dank acht williger Helfershelfer über mich ausübt. Feudal gesprochen, Darth Vader ist ein gewaltiger Lehensherr. Und Wilhelmsbads Karussellpferde sind keine seelenlosen Maschinen, vielmehr schworen sie ihm einst in Imperial City den Lehenseid, erledigen seither als treu ergebene Vasallen hier für ihn die Drecksarbeit.
Psychiater: Nicht so heiß gegessen wie gekocht. Ein billiger Versuch der Twixter-Figur, dich im von mir beschriebenen Anteilskonflikt über den ulkigen Rokoko-Spleen hinaus zusätzlich mit idiotischen Weltraumstorys ins Neandertal zu beamen. Du als strahlende Homo Sapiens-Vertreterin, welche den schmutzigen Neandertaler in sich bravourös unterbuttert, bist jedoch gewappnet: „Liebes Universum! Ich befinde mich im rationalen Hier und Jetzt. Weder kaspert irgendeine bedepperte Vogelscheuche namens Darth Vader im All rum noch hauen meine Eltern in Schloss Philippsruhe als protziges absolutistisches Fürstenpaar auf die Pauke. Liebes Universum! Ich laufe nur deswegen außerhalb der Faschingszeit plemplem in schillernder Aufmachung rum, himmele nur deswegen meschugge eine 1789 zum Glück für immer zu Ende gegangene Ära an, weil im Menschen -trotz Postmoderne- gewisse Affenanteile erhalten geblieben sind. Du weißt, liebes Universum, die Urwaldzeiten, in denen wir Hinterwäldler Hand in Hand mit den Schimpansen durch dichtes Geäst sprangen; mein affiges Karnevalsverhalten ist somit evolutionsbiologisch entschuldbar. In Wahrheit stehe ich überzeugt zur neuen Ordnung. ‚Novo ordo seclorum‘. Wie auf dem Dollarschein. Dankeschön für dieses Privileg, liebes Universum! Hab noch einen wunderschönen Tag. Deine Vernunft.“ Deshalb, Alessa Marie, immer locker flockig bleiben als cooler Homo Sapiens.
Marquise de Hanau-Münzenberg: Aber…
Psychiater: Kein aber! Ich Wissenschaftler, du Schülerin! Darum wissenschaftlich zusammengefasst. Ganz Hanau kennt die leidige Malaise zur Genüge, andauernd sind in Wilhelmsbad die Schranken unten; kaum oben, zack, leuchtet’s wieder rot auf. Und wenn sie erstmal unten sind, oh weh, dann bleibt’s auch für ne Weile so. Zum Kotzen! Echt zum Kotzen! Wohl dem, der’s grade noch so hinüberschafft; ansonsten hilft bloß eins: Den lieben Gott einen guten Mann sein lassen.
Marquise de Hanau-Münzenberg: Aber wie denn, bitteschön? Die Anwerbesessionen betragen sonn- und feiertags auf Darth Vaders Anordnung hin mindestens einen vollständigen Durchgang.
Psychiater: Was darf ich mir darunter vorstellen?
Marquise de Hanau-Münzenberg: Zunächst gehen die Schranken runter.
Psychiater: Sonst wärs sicherlich kein Bahnübergang.
Marquise de Hanau-Münzenberg: Anschließend muss ich bei jeder Vorbeifahrt versuchen, den Lokführer auf der Stelle zum Anhalten und Aussteigen zu bewegen.
Psychiater: Mir geht abermals ein Licht auf! Durchgang stellt gemäß Alessa Maries Definition einen konkreten Anwerbezeitraum dar; er beginnt punktgenau mit dem erfolgreich abgeschlossenen Vorgang der Schrankenschließung und dauert so lange an, bis dir die irgendwann wieder hochgehenden Bahnschranken signalisieren: Madame la Marquise, Mindestanforderung für heute erfüllt, wenn Sie wollen, können Sie gehen.
Marquise de Hanau-Münzenberg: Oui, c’est ca.
Psychiater: Und worin lag dann das Problem? Zwei läppische Güterzuge, Alessa Marie, die schaffst du doch mit links.
Marquise de Hanau-Münzenberg: Von wegen, zwei läppische Güterzüge! Schön wärs gewesen! Lord Vader, der über mein verfrühtes Erscheinen erzürnte gewaltige Lehensherr, schlug von seiner Burg aus höchstpersönlich zu. Zig Züge rollten vorbei, ICEs, Güterzüge, Regionalbahnen, sogar einzelne Loks. Hab vor lauter Hitze zum Schluss gar nicht mehr gezählt. Perfekter gestylt als diese bürgerliche Schl*mpe Jeanne-Marie Bécu es jemals hingekriegt hätte, stand Alessa Marie Marquise de Hanau-Münzenberg viereinhalb Stunden unter der unbezwingbaren Macht Ludwigs XIV.. Praller Sonnenschein! Da half auch mein Hutschmuck wenig! Von wegen, zwei läppische Güterzüge! Und da soll ich den lieben Gott einen guten Mann sein lassen?
Psychiater: Geduld ist auch für selbstbewusste Modeköniginnen, welche Comtesse du Barry spielend die Show stehlen, eine Tugend; sonst hieße es auch nicht Patientin.
07. 11. 2025
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