Rückkehrerinnen und Resümees – I – #1 RR

Über die Schwierigkeit, sich dem Einfluss der Neuen Grafschaft Hanau-Münzenberg gänzlich entziehen zu können

Erzählrunde 1

Szene I: Stagnation

Ex-Hofdame Aurélie: Da steht das Quartett nun am Rande der Lichtung.

Ex-Hofdame Madeleine: Widmet seine volle Aufmerksamkeit dem gegenüberliegenden Waldstück.

Ex-Hofdame Coralie: Von dort drüben sind eben vier ehemalige Hofdamen auf kaum erkennbarem Wiesenpfad wieder Retour gelaufen.

Ex-Hofdame Céline: Nachdem sie sich – vom Unterholz optisch geschützt- zuerst umgezogen, anschließend ihre Koffer samt zugehörigem Inhalt irgendwo zwischen Bäumen abgestellt hatten.

Ex-Hofdame Coralie: Keine 20 Minuten her, das wir nicht allzu weit von hier dem beigen Mercedes entstiegen.

Ex-Hofdame Madeleine: Nach hochkomplizierter Fahrt, wohlbemerkt.

Ex-Hofdame Aurélie: Wie wahr, wie wahr!

Ex-Hofdame Coralie: Und der ganze Umstand nur deswegen, weil durchgehender grenzüberschreitender Verkehr für Taxis beziehungsweise Shuttledienste jeglicher Art trotz längst erfolgtem Ende aller verbliebenen Coronamaßnahmen weiterhin verboten ist.

Hofdame Aurélie: Aus unerfindlichen Gründen.

Ex-Hofdame Céline: Nach wie vor müssen Fahrgäste am Grenz-übergang zum Zweck einer Weiterbeförderung umständlich das Fahrzeug wechseln.

Ex-Hofdame Madeleine: Aus dem Hanau-Münzenbergischen Taxi oder Shuttlebus raus, ins deutsche Taxi oder den deutschen Shuttlebus rein.

Ex-Hofdame Coralie: Und umgekehrt.

Ex-Hofdame Aurélie: Die Grafschaft Hanau-Münzenberg pocht darauf.

Ex-Hofdame Coralie: Reine Schikane!

Ex-Hofdame Céline: Höchst unerfreuliche Relikte aus Coronazeiten.

Ex-Hofdame Madeleine: Booaahh, Mistwetter! Wir hätten im warmen Taxiwagen gleich Rodgau Weiskirchen als Fahrtziel angeben sollen. War absoluter Blödsinn, sich vom Fahrer stattdessen in den Heusenstammer Stadtteil Rembrücken chauffieren zu lassen.

Ex-Hofdame Coralie: Jetzt mach mal halblang, Schätzchen! Du weißt genau, warum!

Ex-Hofdame Aurélie: Um uns von Rembrücken aus per pedes möglichst unauffällig ins moderat entfernte Weiskirchen hineinzuschleichen…vielleicht?

Ex-Hofdame Céline: Um dadurch vor unseren Elternhäusern auffälliges Motorbrummen und Türenschlagen zu vermeiden…vielleicht?

Ex-Hofdame Coralie: Um auf diese Weise neugierige Nachbarn vom hämisch grinsenden Gaffen hinter zugezogenen Gardinen abzuhalten…vielleicht?

Ex-Hofdame Madeleine: Stichhaltig.

Ex-Hofdame Céline: Sorry, Mädels, aber irgendwie dominiert auffälliges Zögern das aktuelle Geschehen, stimmt’s?

Ex-Hofdame Aurélie: Ups, trifft zu.

Ex-Hofdame Madeleine: Ups, realisiere ich tatsächlich auch jetzt erst. Statt zielstrebig weiterzugehen, verweilen wir unschlüssig; wirken wie bestellt und nicht abgeholt.

Ex-Hofdame Céline: Oh, Gott!!!!! Außerdem spüre ich, wie meine Hand den Griff des Trolleys intensiver und intensiver umklam-mert!!!!! Als wäre er mein letzter verzweifelter Halt!!!!! Als plagten mich insgeheim Gewissensbisse!!!!!

Ex-Hofdame Aurélie: Oh, Gott, jaaaaa!!!!! Ich auch!!!!! Meine Finger!!!!! Total unnatürlich verkrampft!!!!! Das Unterbewusst-sein schlägt zu!!!!!

Ex-Hofdame Madeleine: Oh, Gott, jaaaaa!!!! Bei mir genau dasselbe!!!!!

Ex-Hofdame Céline: Weshalb in so manchen Amseln, in so manchen Füchsen, Rehen oder Eichhörnchen, welche an diesem nasskalten, niederdrückend tristen 31. Januar 2023 dankbar für jede sich bietende Abwechslung uns neugierig beobachten, schwerwiegende Verdachtsmomente aufkommen könnten.

Ex-Hofdame Aurélie: Oh, Goooooooooott, sprich’s bloß nicht aus!!!!! Dass hier nämlich ein Grüppchen junger Frauen innerlich zutiefst bereut, was es tat!!!!!

Ex-Hofdame Madeleine: Du wirfst so besorgte Blicke auf dein Smartphone, Coralie.

Ex-Hofdame Coralie: Allerhöchste Zeit, Mädels, diesen lähmen-den Stillstand zu überwinden. Fakt ist: Die Vorhersage verheißt nichts Gutes. Ab zwischen 15.00 Uhr und 16.00 Uhr soll’s zu den 5°C und dem Wind zusätzlich leichten Regen geben. Gleich haben wir 15. 30 Uhr. Sollten uns daher mächtig sputen. Keine Lust, völlig durchnässt daheim aufzuschlagen. Entscheidung: Ich setz mich als Reiseleiterin flink an die Spitze, um uns schleunigst noch trockenen Fußes wohlbehütet nach Hause zu führen. Wir gehen stets hintereinander in derselben Reihenfolge: Ich-Céline- Madeleine-Aurélie. Mein Touristischer Imperativ besagt: Unterwegs keinesfalls trödeln, geschweige denn pausieren!

Ex-Hofdame Madeleine: Meine Güte, die ersten Schritte lassen wettermäßig Übles erahnen.

Ex-Hofdame Aurélie: Ey, Coralie, stopp mal den Gänsemarsch, ich kriege gerade nen Tropfen ab; will vorsorglich meinen Schirm rauskramen.

Ex-Hofdame Coralie: Ey, du bist doch so dumm, Aurélie!!!!! Wegen dir müssen wir nach nur 10 Metern notgedrungen unfrei-willig anhalten!!!!! Dies erfüllt den Tatbestand der Nötigung!!!!!

Ex-Hofdame Aurélie: Bin überhaupt nicht dumm!!!!! Merk dir das!!!!! Und mime nicht die Oberbefehlshaberin!!!!!

Ex-Hofdame Coralie: Wozu, bitteschön, bedarf es bei solchen Witterungsverhältnissen eines aufgespannten Schirms????? Sobald wir offenes Terrain erreichen, reißt ihn dir die erste Böe aus der Hand!!!!! Hast doch schon vorhin beim Überqueren der Wiese gespürt, wie’s ordentlich pfeift!!!!! Auf, weiter, weiter!!!!!

01. 03. 2025

Copyright 2025 by alessamariesfotogeschichten.de. All Rights Reserved.

info@alessamariesfotogeschichten.de

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert